Christin Melcher

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Gemeinschaftsschulen für alle!

Warum die Einführung der Gemeinschaftsschule und Oberschule + im sächsischen Schulsystem ein echter Erfolg ist

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Warum die Einführung der Gemeinschaftsschule und Oberschule + im sächsischen Schulsystem ein echter Erfolg ist

Bildung ist ein Schlüsselfaktor für ein gutes Leben, aber auch für beruflichen Erfolg. Nicht alle Kinder haben die gleichen Startvoraussetzungen: Es gibt einerseits die, die durchlaufen die Schullaufbahn relativ problemlos, und es gibt die, die schlechtere Startbedingungen haben, denen das Lernen nicht so leicht fällt oder die es aus anderen Gründen schwerer haben.1 Was hat das Konzept Gemeinschaftsschule2 damit zu tun?

Nehmen wir einfach zwei Beispiele zur Hand: Marie und Philip aus der 3b. Maries Mutter ist alleinerziehend mit zwei Kindern und arbeitet in einem Beruf nahe der Mindestlohngrenze. Deswegen muss sie Vollzeit arbeiten und hat wenig Zeit – und definitiv kein Geld – für Nachhilfe. Marie wird die Fortführung ihrer Schulkarriere auf einer Oberschule empfohlen, die sie vielleicht mit einem qualifizierten Hauptschulabschluss beendet.

Philips Eltern sind Akademiker und fördern ihren Sohn, wo es nur geht. Für sie ist es selbstverständlich, dass ihr Sohn Abitur machen wird und studieren geht. Philip hat in der Grundschule aber Schwierigkeiten mit all den Regeln und damit, sich zu konzentrieren. Wegen mittelmäßiger Noten gibt es dadurch zu Hause Stress, statt zum Fußball geht er zur Nachhilfe. Seine Eltern haben Angst, dass er nicht die „richtige“ Empfehlung bekommt.

Schulpolitik ist Ländersache. Das erklärt, warum es einen echten Unterschied macht, ob man in Niedersachsen, Sachsen oder Bayern die Schullaufbahn durchläuft. Und Schule ist nicht gleich Schule, es gibt nicht nur Unterschiede zwischen den Schulformen, sondern auch zwischen den Kollegien, den Schülerinnen und Schülern.

In Sachsen durchlaufen alle Kinder bis zum Ende der vierten Klasse die Grundschule, danach werden sie „sortiert“. Die vermeintlich leistungsstarken Schüler*innen gehen auf die Gymnasien, alle anderen besuchen die Oberschule. Neben Klassen werden damit auch Freundschaften auseinander gerissen. Kinder und Eltern erleben in der Grundschule viel Druck, um den vermeintlich besseren Bildungsweg am Gymnasium beschreiten zu können. Die frühe Trennung der Kinder, oder auch das Sortieren nach Leistungsstarken oder Leistungsschwächeren in einem jungen Alter, zementiert oftmals Bildungsungerechtigkeit.

Längeres gemeinsames Lernen kann den Druck in der Grundschule für Eltern und Kindern raus nehmen. Kinder mit unterschiedlichen Startvoraussetzungen können im gewohnten Klassenverband individuell gefördert werden. Deswegen wollen wir auch in Sachsen mehr Gemeinschaftsschulen einrichten. Die Gemeinschaftsschule ist viel mehr als eine weitere Schulform, sie vertritt auch eine andere Schulkultur. Die Gemeinschaftsschule bedeutet vor allem mehr gleichberechtigte Chancen auf Bildungserfolg und Bildungsfreude für unsere Kinderund damit auch für uns Eltern.

Marie und Philip hätten auf der Gemeinschaftsschule weiter zusammen mit ihren Freund*innen in einer Klasse bleiben können. Die frühe Leistungsevaluation ab der dritten Klasse und der damit verbundene Stress wären weggefallen. Philips Vater hätte ihn entspannt zum Fußball bringen können und Maries Mutter hätte gewusst, dass Marie weiter mit ihrer besten Freundin zusammen die Hausaufgaben machen kann. Die Elternschaft wäre übrigens ebenfalls eine Gemeinschaft geblieben, denn auch Eltern sind ein wichtiger Teil der Schule. Der Wegfall des durch das System erzeugten Drucks macht einen enormen Unterschied für alle!

Auf der von der BÜNDNISGRÜNEN Fraktion veranstalteten Podiumsdiskussion „Gemeinschaftsschulen für alle!“ haben wir über all dies gesprochen. Es wurde sehr deutlich, dass das Konzept Gemeinschaftsschule ein Gewinn für alle Beteiligten sein kann. In anderen Bundesländern gibt es bereits viele Vorbilder. Berlin hat allein 26 Gemeinschaftsschulen, die sehr erfolgreich arbeiten.

Die erste Leipziger Gemeinschaftsschule ist ebenfalls am Start: Die Leipziger Modellschule, kurz LeMo, entsteht in Grünau, einem Stadtteil, der mehr durch hohe Plattenbauten als durch schick sanierte Gründerzeithäuser beeindruckt. Und gerade hier ist es so wichtig, dass durch neue Schulprojekte Chancengleichheit besser umgesetzt wird.

Es kann einer Stadtgesellschaft nicht egal sein, dass es in dem einen Viertel eine Übergangsquote zum Gymnasium von 90% gibt und zwei Kilometer weiter sind es 10%.

Das Versprechen, das wir allen Kindern wie Marie und Philip gemacht haben, dass alle gleiche Chancen haben und sich nach ihren individuellen Möglichkeiten entfalten können, müssen wir einhalten. Mit der Einführung der Gemeinschaftsschule und der Oberschule + gehen wir einen weiteren großen Schritt auf dem Weg zu mehr Bildungsgerechtigkeit.

Die Aufzeichnung zur Podiumsdiskussion „Gemeinschaftsschulen für alle!“ mit Professorin Gerlind Große (Lehrstuhl für frühkindliche Bildung an der FH Potsdam), Vicki Felthaus (Bürgermeisterin für Jugend, Schule und Demokratie in Leipzig) sowie den Lehrerinnen Claudia Tröbitz und Tina Weber können Sie auf dem Youtubekanal oder der Facebookseite der BÜNDNISGRÜNEN Fraktion jederzeit nachsehen.

1Jede PISA Studie belegt, dass schulische Leistungen stark mit der sozialen Herkunft zusammenhängen. Dies ist nachlesbar auf der PISA Seite. Hier kann man die visualisierten Ergebnisse nach Chancengleichheit – sozialer Hintergrund filtern.

2Wenn ich Gemeinschaftsschule schreibe, ist die Oberschule+ ebenfalls gemeint. Im Grunde geht es um das längere gemeinsame Lernen bis zum Schulabschluss.

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