Am 14. September lud die BÜNDNISGRÜNE Landtagsfraktion zum After-Work-Gespräch „Auf den Anfang kommt es an! Was Kitas jetzt brauchen“. Im Bewegungsraum der Kita „Kleine Füchse“ der Kindervereinigung Leipzig kamen Fach- und Leitungskräfte, Trägervertreter*innen, Fachberater*innen und Eltern an Thementischen miteinander ins Gespräch:
Was haben wir für die frühkindliche Bildung bisher erreicht? Was brauchen Kitas jetzt? Und welche möglichen Maßnahmen haben Priorität? Wir wissen: Auf den Anfang kommt es an!
Nach Impulsvorträgen von Christin Melcher, bildungspolitische Sprecherin der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Sächsischen Landtag, zur Kitagesetz-Novelle und Max Finzel, amtierender Abteilungsleiter Kindertageseinrichtungen der Stadt Leipzig (Foto oben rechts), zum Stand der Kindertagesbetreuung aus kommunaler Perspektive wurde an den Thementischen diskutiert.
Der erste Tisch befasste sich mit dem Thema Personalgewinnung und -ausbildung.
Schwerpunktmäßig sprachen die Teilnehmenden über die Arbeitsbedingungen und die Ausbildung der Fachkräfte.
Als Forderungen wurden formuliert: ein besserer Betreuungsschlüssel, der auch Ausfälle durch Urlaub, Krankheit und Weiterbildung berücksichtigt, kleinere Gruppen und eine erweiterte Anerkennung von Vor- und Nachbereitungszeiten. Auch Teilzeit müsse für alle Generationen möglich sein.
Um dem „gesellschaftlichen Stellenwert“ Rechnung zu tragen, solle durchgängig von frühkindlicher Bildung gesprochen werden, statt von Kinderbetreuung. Um die Ausbildung pädagogischer Fachkräfte attraktiver zu gestalten, müsse, so der Tenor, ein besseres Gehalt gezahlt werden, die Ausbildung sollte aber auch praxisnaher sein. Dass die Abschlüsse nicht bundesweit anerkannt werden, wurde als großes Manko gesehen. Ein weiteres Problem, das angesprochen wurde, war die Anrechnung von Auszubildenden auf den Personalschlüssel. Einig waren sich die Teilnehmenden zudem in der Forderung, die Zugangsvoraussetzungen zu einer Tätigkeit in der Kita durch eine Novellierung der Qualifikations- und Fortbildungsverordnung (SächsQualiVO) zu vereinfachen. Auch das Halten von Fachkräften – in einer bestimmten Einrichtung, aber auch generell im Beruf – war Thema.
Der zweite Thementisch widmete sich der Qualitätssicherung und -entwicklung. Als maßgeblich für die Strukturqualität wurde ein besserer Personalschlüssel und damit mehr Zeit für die Kinder und die Fachkräfte genannt, aber auch weitere Rahmenbedingungen, wie eine angemessene Ausstattung der Einrichtungen.
Der demografische Wandel müsse genutzt werden, um die Personalrelation in den Kitas zu verbessern. Gebraucht würden außerdem mehr Verwaltungsfachkräfte für Kitas, mehr Fachberater*innen und eine regulär finanzierte insoweit erfahrene Fachkraft (Kinderschutzfachkraft). Vom Träger erwarteten die Teilnehmenden die Sicherung regelmäßiger Fortbildungen und Supervisionen sowie eine funktionierende Konzeptentwicklung und -sicherung in den Einrichtungen. Die Ausbildung der Fachkräfte sollte reformiert werden, mehr Praxisanteile enthalten und qualitativ hochwertig sein. Immer wieder wurde in der Diskussion auf die Qualität der*des Einzelnen und ihrer*seiner Arbeit fokussiert. Die Kompetenzen und die Haltung der pädagogischen Fachkräfte seien entscheidend für eine gute frühkindliche Bildung. Für eine kindzentrierte, bedürfnisorientierte Arbeit brauche es mehr Zeit, kleinere Gruppen, weniger Lärm und Rahmenbedingungen, die Reflexion und Biografiearbeit für die Fachkräfte ermöglichten. Die Frage, ob und wie genau Qualität gemessen werden kann, wurde intensiv besprochen. Keinen Zweifel gab es beim Selbstverständnis, dass die Fachkräfte jeden Tag mit einem hohen Qualitätsanspruch in den Einrichtungen und am Kind arbeiten.
Am dritten Thementisch wurden mehrere Bereiche diskutiert, in denen Kitas noch mehr brauchen: besondere Bedarfe, Inklusion und Sprachförderung. Debattiert wurde dabei konkret über Ausbildung, Strukturen und Förderressourcen sowie Sprachförderung.
Bezüglich der Ausbildung bemerkten die Teilnehmenden, dass das Thema Inklusion zu wenig und zu spät thematisiert würde. Wichtig sei insbesondere die Ausbildung einer entsprechenden Haltung. Intensiv diskutiert wurde auch über die heilpädagogische Zusatzausbildung (HPZ). Im Bereich Strukturen und Förderressourcen ging es um die Ausweisung von Integrationsplätzen. Diese sollten auch Familien mit einem erhöhten Unterstützungsbedarf und Kindern unter drei Jahren offen stehen. Kritisiert wurden lange Wartezeiten für die Diagnostik sowie für Anträge auf Eingliederung oder Kita-Assistenz. Letztere sei auch mit Blick auf den Stundenumfang, das eingesetzte Personal, die Bezahlung und die Qualität reformbedürftig. Grundsätzlich müsse der Betreuungsschlüssel verbessert und auf multiprofessionelle Teams gesetzt werden. Kita-Sozialarbeit sollte Kitas regelhaft zur Verfügung stehen und die Förderung dringend verstetigt werden. Denn je früher die Kitas sich um das individuelle Wohl der Kinder kümmern können, um darum was sie brauchen, desto größer ist der Impact!
In derQualifikations- und Fortbildungsverordnung sollte eine Kompetenz- statt eine Abschlussorientierung zugrunde gelegt werden. Die Förderung von Kitas sollte außerdem möglichst flexibel ausgestaltet werden. Für eine erfolgreiche, alltagsintegrierte Sprachförderung brauche es mehr Zeit im Alltag der Kitas, gut ausgebildete Muttersprachler*innen, aber auch logopädagogische Expertise. Wichtig sei zudem ausreichend und gutes Material und mehr Zeit für pädagogische Fachkräfte. Das Landesprogramm Sprachförderung müsse gemeinsam mit Praktiker*innen sinnvoll gestaltet und genutzt werden.
Der vierte Tisch war als offenes Angebot gedacht und wurde entsprechend für die Diskussion aktuell drängender Problemlagen in den Einrichtungen genutzt. Diskutiert wurde u.a. über Kita-Sozialarbeit und den Bedarf an zusätzlichem Fachpersonal wie Dolmetscher*innen, Sprachfachkräften und Heilpädagog*innen, über Verwaltungsfachstellen in jeder Einrichtung als eine Art Sekretariat, wie es an Schulen üblich ist, und über den notwendigen Ausbau von Praxisanleitung und Fachberatung. Auch am offenen Tisch gab es das Plädoyer für eine Anpassung des Personalschlüssels, insbesondere vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung und der unzureichenden Berücksichtigung von Ausfallzeiten. Themen waren weiterhin die Professionen der Fachkräfte, die Auswahlkriterien für die Ausweisung von Kinder- und Familienzentren (KiFaZ) und die bisher unzureichende Unterstützung für die Arbeit von Kinderschutzfachkräften. Auch über Kita-Planung und Kita-Bau (Lage und Ausstattung der Einrichtung) wurde lebhaft diskutiert.